Warum diese Liste helfen kann
Okay, also erstmal: Es gibt keine 100%ige Geling-Garantie, einen Zehn-Schritte-Plan oder eine ultimative Anleitung für Beziehungen. Jede Beziehung ist individuell und benötigt ihre eigenen Regeln. Wenn jemand etwas anderes behauptet, handelt es sich dabei entweder um Scam oder die Person hat noch nie eine Beziehung geführt.
Was es gibt, sind Dinge, die das Risiko erhöhen, dass eine Beziehung kaputt geht. Weil sie das Vertrauen beschädigen. Die Liebe vertreiben. Oder eine Konfliktlösung unmöglich machen. Und gerade weil Beziehungen so kompliziert und unberechenbar sind, kann es helfen, ein paar grundlegende Dinge zu beachten. Hinzu kommt, dass wir Menschen Listen nun mal lieben. Sie vermitteln uns ein Gefühl von Klarheit und machen viele Entscheidungen einfacher.
Das Gute daran, dass jede Beziehung individuell ist, ist auch: Sie ist niemals schwarz-weiß. Nur weil eins dieser Dinge auf der Liste passiert ist, ist eure Beziehung nicht direkt kaputt. Tatsächlich ist es gut möglich, dass du und dein:e Partner:in schon die ein oder andere Sache gemeinsam erlebt haben. Mein Partner und ich haben das jedenfalls. Die Frage ist: Seid ihr bereit, an der Beziehung zu arbeiten? Erst, wenn die Probleme dauerhaft bestehen und ihr es nicht schafft bzw. nicht bereit seid, etwas zu ändern, werden sie eure Beziehung langfristig zerstören. Du kannst die Liste daher als einen Wegweiser betrachten, mehr Achtsamkeit und Wertschätzung in deine Beziehungen zu bringen. Bespreche sie gerne mit Freund:innen, deiner Familie, deinem Partner, deiner Partnerin… Nimm sie mit zur monatlichen Beziehungsreflexion oder verwende sie als Inspiration für deine eigenen Regeln.
Also, hier kommen 10 Dinge, die auf Dauer eine Beziehung kaputt machen können.
1. Lügen
Dass Lügen eine Beziehung kaputt machen, sollte eigentlich klar sein, oder? Andererseits ist es nicht immer offensichtlich, wo genau Lügen beginnt und vor allem, ab wann es zu einem Problem wird. Denn wir alle haben Geheimnisse und es kann gesund sein, auch dem Partner oder der Partnerin nicht alles zu erzählen. Vielleicht kann man die Schwelle von gesunden Geheimnissen zu toxischem Lügen dort definieren, wo es euer Vertrauen beschädigt.
Für mich ist Ehrlichkeit einer meiner absolut grundlegendsten Werte. Ich versuche, immer ehrlich zu sein, auch dann, wenn es schwierig wird. Gerade dann.
Doch es gab auch Situationen, in denen ich anfing zu lügen. Einer meiner früheren Partner war extrem eifersüchtig. Er warf mir aus dem Nichts die heftigsten Dinge vor und verwendete dabei eine Sprache, die einfach nur abstoßend war. Einmal machte ich einen Wochenendausflug in eine andere Stadt. Vor meiner Heimfahrt traf ich mich noch mit einem guten Freund, der damals in der Nähe wohnte. Da ich wirklich keine Lust hatte, mir schon wieder die Vorwürfe meines Partners anhören und meine Laune verderben lassen zu müssen, hatte ich ihm nichts von dem Treffen erzählt. Natürlich fand er es am Ende heraus und das Drama war entsprechend groß. Dabei fiel der – erstaunlich nüchterne – Satz: Ich vertraue dir nicht mehr. Im Nachhinein betrachtet war das der Moment, in dem ich merkte, dass ich Schluss machen musste.
2. Respektlosigkeit
Respektlosigkeit ist wohl eine der größten, wenn nicht die größte Red Flag im Dating. Allerdings kann Respektlosigkeit nicht nur zu Beginn einer Beziehung, sondern auch nach mehreren Jahren vorkommen. Sie steckt in unscheinbaren Aussagen, die doch irgendwie absichtlich verletzend sind. Im Nicht-Einhalten von Abmachungen. Oder einem wiederholt “vergessenen” Geburtstagsgeschenk. Das Schwierige daran ist, dass wir uns in diesen Momenten oftmals selbst hinterfragen. Darf ich erwarten, dass mein Freund mir Bescheid gibt, wenn er sich um eine viertel Stunde verspätet? Oder bin ich zu empfindlich?
Hier solltest du bedenken, dass wir Menschen unterschiedliche Bedürfnisse, Prioritäten und Grenzen haben. Natürlich ist es nicht gleich eine Red Flag, wenn jemand mal zu spät kommt. Ehrlich gesagt bin ich selbst nicht der pünktlichste Mensch und das hat nichts damit zu tun, dass ich eine Person nicht schätze. Respektlos wird das Verhalten, wenn du der Person kommuniziert hast, wie wichtig dir Pünktlichkeit ist, und sie dich weiterhin nicht ernst nimmt. Entweder, indem sie deinen Wunsch klein redet, oder indem sie dir verspricht, dies in Zukunft zu ändern, aber nichts passiert.
3. Ständiges Nörgeln
In solchen Momenten neigt man schon mal dazu, den anderen ändern zu wollen. Während Kritik aufgrund von respektlosem Verhalten absolut berechtigt ist, macht dauerhafte Kritik aufgrund persönlicher Vorlieben eine Beziehung kaputt. Selbst wenn du vollkommen im Recht zu sein scheinst, hilft es nicht, dauernd zu nörgeln. Denn am Ende ist der andere eben auch nur ein Mensch. Niemand kann sich von heute auf morgen ändern. Wobei ich hier anmerken möchte, dass es natürlich einen Unterschied zwischen “nörgeln” und “Grenzen setzen” gibt.
Wie destruktiv solche Ungeduld sein kann, konnte ich erst verstehen, nachdem ich die vorhin erwähnte Beziehung beendet hatte. Ich hatte damals mehr als genug berechtigte Gründe, Kritik zu äußern. Dennoch kann ich rückblickend nachvollziehen, dass die ständige Präsenz des „Nicht-Genug-Seins“ es einem beinahe unmöglich macht, etwas zu ändern. Auch wenn hier natürlich wieder die Frage ist, ob die andere Person überhaupt etwas ändern möchte.
4. Sich nicht entschuldigen können
Es gibt Menschen, bei denen hat man das Gefühl, sie können sich einfach nicht entschuldigen. Egal um was es geht, jedes Mal scheint die Schuld woanders zu liegen. Es ist nicht einfach, sich zu entschuldigen, keine Frage. Schließlich haben die meisten von uns gelernt, dass wir für Fehler bestraft werden, anstatt daraus lernen zu können. Es ist aber gar nicht schlimm, Fehler zu machen. Wir alle machen sie. Zum Problem werden diese dann, wenn wir keine Verantwortung übernehmen.
5. Co-Abhängigkeit
Eine andere Form der mangelnden Eigenverantwortung besteht darin, all unser Handeln und Fühlen an unserem Gegenüber auszurichten und andersrum, dieses für unser Handeln und Fühlen verantwortlich zu machen. Nach dem Motto: Wenn du nicht glücklich bist, kann ich auch nicht glücklich sein.
Vielleicht denkst du nun: „Warum ist das problematisch? Ist das nicht eigentlich romantisch?“ Es ist insofern romantisch, dass es unser Mitgefühl für andere zeigt. Das ist ein essentieller Bestandteil einer gesunden Beziehung. Wir dürfen auch traurig sein, wenn wir wissen, dass es einem geliebten Menschen nicht gut geht. Machen wir unser Glück jedoch dauerhaft von der Stimmung anderer Menschen abhängig, nennt sich das Co-Abhängigkeit. In diesem Fall machen wir uns davon abhängig, dass andere uns die „Erlaubnis“ geben, glücklich sein zu dürfen. Andersrum sehen wir unsere Aufgabe darin, den anderen glücklich zu machen.
Und wenn er oder sie nun aber wegen jemand anderem, zum Beispiel einer guten Freundin, glücklich ist?
Tja, dann heißt es: Telefonterror, Betrugsvorwürfe, übertriebene Eifersucht und und und. So wie mein damaliger Freund wutentbrannt bei mir und meinen Kollegen herein stürzte, weil sie mir noch bei etwas halfen, und ich seit einer halben Stunde nicht mehr auf mein Handy geguckt hatte.
6. Bedürfnisse verschweigen
Etwas, das ich sehr lange lernen musste, und noch immer lerne: Es gibt keine wahre Verbundenheit, ohne dass du zu deinen Bedürfnissen stehst. Ganz einfach, weil wahre Verbundenheit voraussetzt, dass wir authentisch sind. Deine Bedürfnisse, Grenzen, Verletzungen, Unsicherheiten, Wünsche sind ein Teil deines Menschseins. Wenn jemand wahrhaftig an dir interessiert ist, möchte dieser Jemand die Person kennenlernen, die du in deinem tiefsten Inneren bist.
Und glaub mir, wenn du deine Bedürfnisse fortwährend verschweigst, wird dein Gegenüber das merken. Deine Bedürfnisse werden sich darüber hinaus anders zeigen. Zum Beispiel, indem du „aus dem Nichts“ einen Wutanfall hast oder mit der Beziehung unzufrieden bist, so weit, dass du sie beenden willst. Ohne dass die andere Person überhaupt die Chance hatte, etwas zu verändern.
Die Mitteilung deiner Bedürfnisse ist daher immer auch eine Einladung. Dazu, sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Herauszufinden, wo ihr euch in der Mitte treffen könnt. Eure wahren Ichs kennen- und lieben zu lernen. Und, mal ehrlich, würdest du jemanden lieben wollen, der sich die ganze Zeit verstellt?
7. Konfliktvermeidung
Ich hatte all die oben genannten Dinge berücksichtigt, zahlreiche Bücher über konstruktives Streiten gelesen und jeden Schritt geduldig eingehalten. Nur eins hatte ich vergessen. Mir zu erlauben, wütend zu sein. Ich wollte immer direkt zur Konfliktlösung springen. Und ignorierte dabei, dass Gefühle nun mal gefühlt werden wollen.
Doch es löst einen Konflikt nicht schneller, wenn wir das, was dahinter steht, ignorieren. Und er verschwindet auch nicht, wenn wir ihn verdrängen.
Die Konfliktlösung ist ein Prozess und so unangenehm dieser ist, so wichtig ist es, diesen ernst zu nehmen und ihm Zeit zu geben. Wenn ihr euch die Zeit nehmt, werdet ihr gestärkt aus dem Konflikt hervorgehen. Ihr werdet merken, dass ihr einander auch in schwierigen Situationen vertrauen könnt, mehr über euch erfahren und am Ende gemeinsam etwas erreicht haben, auf das ihr stolz sein könnt.
8. Projektion
Vielleicht kennst du es. Man wurde in einer früheren Beziehung betrogen und seither sind alle anderen ebenfalls potenzielle Fremdgeher:innen. Je nach dem bist du der/ die Betrogene oder die Person, die angeblich fremdgeht. So oder so ziemlich anstrengend. Ein klassisches Beispiel von Projektion.
Wenn wir projizieren, schreiben wir anderen Eigenschaften zu, die wir entweder aus früheren Erfahrungen mitbringen oder an uns selbst nicht sehen wollen. Meist geht das einher mit bestimmten emotionalen Triggern, auf die wir sehr empfindlich reagieren, sowie mangelnder Selbstreflexion. Wären wir uns nämlich bewusst, worin unsere scheinbar übertriebene Reaktion auf das Verhalten unseres Gegenübers begründet liegt, könnten wir unsere Reaktion ändern. So kann uns die andere Person noch so viel entgegenkommen, wir werden uns immer noch getriggert fühlen. Weil es eben gar nichts mit ihrem Verhalten zu tun hat.
9. Ungleichgewicht
Natürlich gibt es Zeiten, in denen die eine Person beschäftigter ist, als die andere. Und es gibt Zeiten, in denen die eine Person sich mehr um die Beziehung bemüht oder der anderen Person näher sein will, als andersrum.
Eine Beziehung ist ein steter Kompromiss, der von Tag zu Tag neu getroffen wird. Wenn jedoch dauerhaft die eine Person mehr Nähe möchte, als die andere, wird es schwer. Dann wird die eine Person sich immer abgewiesen und die andere nie genug fühlen. Zumindest sofern die beiden nicht in der Lage sind, darüber zu kommunizieren.
Gerade zu Beginn meiner Selbstständigkeit gab es Phasen, in denen mir alles über den Kopf wuchs. Sicher reagierte ich in dieser Zeit oft abweisend auf die Annäherungsversuche meines Partners. Andersrum hatte ich das Gefühl, dauernd unter Druck zu stehen, noch mehr für die Beziehung machen zu müssen. Obwohl ich ja nicht mal Zeit für mich selbst fand. Hier half es, uns darüber klar zu werden, dass wir gerade in einem permanenten Ungleichgewicht stehen, und gemeinsam zu überlegen, welche Kompromisse wir bereit sind, einzugehen. Darunter auch: Feste Termine für Dates.
10. Keine Dates mehr
Wenn man mich fragen würde, welche der genannten Sachen ich am herausforderndsten finde, wäre es wohl diese. Die Welt, in der wir leben, ist so schnell, überall wird etwas von uns erwartet, Stress ist die neue Standard-Antwort auf die Frage nach unserer Gefühlslage und nein, ich weiß nicht, wann es endlich mal wieder etwas entspannter ist.
Da die bewusste Zeit miteinander im Alltag so leicht untergeht, haben mein Partner und ich uns angewöhnt, aktiv Dates zu planen. Es muss nicht immer etwas Großes sein, manchmal ist ein kleiner Spaziergang ausreichend, um wieder in Verbundenheit zu kommen. Fehlt diese Zweisamkeit jedoch, zum Beispiel weil alle Aufmerksamkeit den Kindern gewidmet ist, geht die Verbundenheit mit der Zeit verloren. Und damit die Liebe. Vielleicht ist die Königsdisziplin einer gesunden Beziehung also, sich immer wieder aufs Neue umeinander zu bemühen. Raum für Austausch zu schaffen, kleine Zärtlichkeiten zu teilen und gemeinsam neue Erfahrungen zu sammeln.
In einer schwierigen Phase unserer Beziehung schrieb ich übrigens folgenden Satz nieder:
Frag nicht „wie“, wenn du weißt, dass es ein „ob“ ist. Frag nicht „ob“, wenn du weißt, dass es ein „wie“ ist.
Ich denke, hierin liegt eine der wichtigsten Grundlagen, um gesunde Beziehungen zu entwickeln. Mit anderen und vor allem mit uns selbst. Wir müssen lernen, zu entscheiden, wie viele Konflikte eine Beziehung mit sich bringen darf, damit sie uns noch gut tut. Nur dann können wir mit anderen in Verbindung treten und zugleich bei uns selbst bleiben.
4 Kommentare
Mir ist nicht ganz klar, wie die beiden Sätze gemeint sind: …Frag nicht „wie“, wenn du weißt, dass es ein „ob“ ist. Frag nicht „ob“, wenn du weißt, dass es ein „wie“ ist….
Bitte um Erklärung, danke.
p.s. sehr schöner Text.
Hey Maren, Danke für dein Feedback 🙂 Ich meine damit, dass wir uns überlegen sollten, ob es darum geht, einen gemeinsamen Weg (wie) zu finden, oder es besser ist, sich zu überlegen, ob wir überhaupt einen gemeinsamen Weg finden wollen. Ich hoffe, das macht es klarer. Liebe Grüße, Sofie
Sehr kluge Ansammlung von Punkten, die eine gute Beziehung ausmachen. Man merkt, dass es dir wichtig ist, echte Beziehungen zu leben.
Die machen das Leben letztendlich ja auch aus.
Danke für den Beitrag.
Dankeschön! 🙂